Mein FSJ im Hospiz

Ein wundervolles Jahr ist zu Ende. Vielen Dank, dass ich so viel ausprobieren, helfen und lernen durfte!

Meine 200 Tage im Hospiz*


Ein bisschen war ich das Mädchen für alles – aber es war ein tolles Gefühl, immer genau da helfen zu können, wo Hilfe notwendig war. Es war schön, mit so vielen verschiedenen Menschen zu arbeiten – mit Menschen, die ihre Arbeit mit ganz viel Liebe machen und den Bewohnern dadurch sehr viel schenken. So war ich nicht nur Küchenfee und Waschteufel, sondern von Zeit zu Zeit auch Gärtnerin, Kellnerin, Pflegerin, Putzfrau, Seelsorgerin, Sekretärin...

Noch habe ich das Gefühl, dass ich ein paar Tage frei habe und dann wiederkomme. Die Zeit hat mich geprägt und ich werde die Erinnerungen an das vergangene Jahr gut behüten.

Auch nach vielen Monaten gab es oft noch ganz neue Situationen: Ein Bewohner, der mich sehr an meinen eigenen Opa erinnerte, hat bei der gemeinsamen Besprechung seines Speiseplanes für die nächste Woche, zu mir gesagt: „Für Sonntag brauche ich kein Essen, da bin ich tot.“ Ganz klar und deutlich hat er das gesagt und auch so gemeint. Da haben mir die Worte gefehlt. Dagegen ist eine Bewohnerin bei uns wie im Urlaub: Sommerkleid, Sonnencreme, Strandkorb. Das ist ein seltener, aber schöner Anblick!

Die Sommermonate sind sowieso etwas Besonderes. In der Sonne mit Besuch auf der Terrasse sitzen zu können, ist für viele unserer Bewohner etwas sehr Schönes. Die Türen zum Haus sind weit geöffnet, man hört von überall Stimmen und oft duftet es aus der Küche. Gerade beim Essen können viele Wünsche der Bewohner erfüllt werden; so haben wir zum Beispiel mehrmals Spargel gekocht und konnten damit Viele glücklich machen. So ein schönes Essen, ganz wie zu Hause, ist eben sehr viel wert!

Eine andere Bewohnerin hat mich mit ihren Worten sehr beeindruckt: „Alle sind immer am Weinen ... Nur ich nicht. Warum auch? Ich bin doch noch da! Und wenn ich dann tot bin, passe ich von oben auf alle auf.“ Ich habe gehofft, dass sie genau das auch ihrer Familie sagen konnte, um ihnen die Augen zu öffnen und ihre Zeit noch zu genießen.

Klar, ich habe auch mal die Stunden bis Arbeitsende gezählt. Manchmal bekam ich widersprüchliche Anweisungen von verschiedenen Personen zu einer Aufgabe. Oft wollte ich gerade eine Aufgabe erledigen – und siehe da: Es hatte schon jemand anders gemacht. Auf einem der Seminare sind wir mitten in der Pampa in einer alten Schule (auch noch ohne Handynetz!) gelandet und es war kalt, nass und schlammig. Ich bin an meine Grenzen gestoßen, mir sind Dinge misslungen und manchmal habe ich auch über meine Arbeit geflucht.

Aber: In diesem einen Jahr habe ich unglaublich viele tolle Menschen kennen gelernt: Mitarbeiter, die einen wunderbaren Job machen, der eigentlich viel mehr als nur ein Job ist; Bewohner, die mich in ihrem Umgang mit dem Tod oft fasziniert haben; Gleichgesinnte, die sich auch für ein Freiwilliges Soziales Jahr entschieden haben, um Gutes zu tun.

Circa 3200 Kilometer bin ich in den 200 Tagen mit dem Fahrrad zur Arbeit gefahren. Dafür habe ich einige Euros verdient, mit denen ich mir und meinen Liebsten Wünsche erfüllen konnte. Das ist ein Grund, warum sich das Jahr gelohnt hat, aber es gibt noch viele mehr: für einen Kuss auf die Wange von meiner Anleiterin, für die Anerkennung von den Ehrenamtlichen, für die Bezeichnung Vertrauensperson von einem Bewohner, für den Ausruf: „Sie sind ein Schatz!“ und für die Worte: „Dann werde ich Sie aber sehr vermissen!“

Das Leben ist kostbar, weil es endlich ist. Ich schätze mein eigenes Leben und meine Gesundheit mittlerweile in ganz anderer Weise. Hoffentlich finde ich in meinem Leben nochmal eine Arbeit, in der ich so viel Liebe zurückbekomme.

Danke an alle Bewohner, Angehörigen und Mitarbeiter.
Für jedes Lächeln und jedes Dankeschön hat sich das Jahr gelohnt!

Ich werde Euch vermissen,

Mareike

* (Zufällig entstandene Zahl der Arbeitstage, von Hand gezählt, Angabe ohne Gewähr)