Mittelkürzung im Bundeshaushalt schwächt Freiwilligendienste

Jeder vierte Platz im Freiwilligendienst betroffen

In vielen sozialen, pflegenden und betreuenden Einrichtungen beginnen in diesen Wochen junge Menschen ihr FSJ und BFD. Sie begleiten Menschen mit Unterstützungsbedarf, Kinder, Jugendliche und Senioren. Sie entlasten die Fachkräfte der Einrichtungen, schaffen sich selbst prägende Erfahrungen und engagieren sich damit in besonderem Maße für unsere Gesellschaft.  

Die Fördermittel für Freiwilligendienste sollen im Jahr 2024 um 78 Millionen Euro gekürzt werden. Es ist eine Kürzung in Höhe von fast 25% der bisherigen Mittel. Für 2025 wurde eine weitere Kürzung von 35 Millionen in Aussicht gestellt. Mit den in Aussicht gestellten Mittelkürzungen wird 2024 jeder vierte Platz in den Freiwilligendiensten wegfallen – 2025 sogar jeder dritte! Dies betrifft bundesweit ca. 25.000 junge Menschen.

Gerade in dieser Zeit nehmen wir die angekündigte Kürzung mit Schrecken zur Kenntnis. Die Durchführung der Freiwilligendienste, wie wir sie bisher kannten, wäre so nicht mehr möglich! Gleichzeitig wird auf Bundesebene über Engagementstrategie und den sozialen Pflichtdienst diskutiert, ohne die Menschen zu sehen, die sich bereits freiwillig für die Gesellschaft zu engagieren. Werden die Kürzungen so umgesetzt, bedeutet das für uns als Träger von zurzeit 800 Teilnehmenden im FSJ und BFD: 

  • 200 jungen Menschen wird die Möglichkeit auf ein wichtiges Orientierungs- und Bildungsjahr verwehrt. Sie verlieren die Chance auf Erprobung und Kompetenzerwerb. 

  • 200 Menschen weniger erwerben durch einen Freiwilligendienst Verständnis und Wertschätzung für die gesellschaftliche Bedeutung sozialer, kultureller und pädagogischer Arbeit. 

  • 200 Plätze in etablierten Einsatzstellen fallen als Orte des Engagements weg. Damit verlieren Klient*innen Aufmerksamkeit und Zuwendung von Freiwilligen. Das Fachpersonal in den Einrichtungen verliert Unterstützung bei Tätigkeiten, die keine fachliche Qualifikation aber Zeit erfordern! Zusätzliche Angebote in den Einrichtungen, die erst durch Freiwillige möglich sind, werden stark reduziert oder wegfallen. 

  • Für uns als Träger droht eine Kürzung von Personal, das die Freiwilligen begleitet. Weniger pädagogisches Personal ist gleichbedeutend mit weniger individueller Begleitung der Freiwilligen, weniger Unterstützung in persönlichen Krisensituationen und Orientierungsfragen. Dabei ist der Bedarf dafür gerade in der aktuellen Zeit stark gestiegen. 

  • Die gesellschaftlich gewollte Inklusion von Menschen mit Unterstützungsbedarfen, Beeinträchtigungen und jungen Menschen, die sich aufgrund ihrer sozialen Lage und ihrer familiären Situation keinen Freiwilligendienst leisten können, wird durch die Kürzungen fast unmöglich. 

Die Mittelkürzungen sind völlig unverständlich vor dem Hintergrund der immensen Herausforderungen, vor denen unsere Gesellschaft steht und auch angesichts der Diskussionen um einen Pflichtdienst. Denn Freiwilligendienste leisten durch Demokratiebildung und gelebte Inklusion einen unschätzbaren Beitrag für unsere Gesellschaft. 

Die Mittelkürzung ist das absolut falsche Signal an eine gesellschaftliche Gruppe, die bereit ist sich zu engagieren. Wie groß diese Gruppe ist, zeigt u.a. der Erfolg der Petition #freiwilligendienststärken. Knapp 100.000 Menschen haben sich hier für eine Verbesserung der Rahmenbedingungen in den Freiwilligendiensten ausgesprochen. 

Die Mittelkürzungen bedrohen die Freiwilligendienste in ihrem Kern. Damit gefährdet die Bundesregierung massiv ein erfolgreiches und jahrzehntelang bewährtes Format für Orientierung, Bildung und gesellschaftliches Engagement junger Menschen und dies entgegen der Aussagen des Koalitionsvertrags! Inflationsbedingt sind bereits gleichbleibende Mittel eine immense Herausforderung (z.B. deutlich steigende Kosten für Personal und Seminarhäuser). Nötig wäre vielmehr ein Aufwuchs der Mittel. 

Das Budget der Freiwilligendienste (FSJ, FÖJ, Internationale FWD und BFD) muss sowohl im Haushalt 2024 als auch in den Eckwerten für den Haushalt 2025 ff. mindestens auf dem Stand der Vorjahre verankert werden.